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Sport nach dem Herzinfarkt

Sport nach einem Herzinfarkt ist wichtig, um wieder fit zu werden. Schonung ist somit die falsche Strategie. Denn Bewegung wirkt sich nach der Erkrankung nicht nur positiv aufs Herz aus, sondern auch auf den Stoffwechsel und auf die Psyche.

Qualitätssicherung: Philipp Grätzel von Grätz, Arzt und Medizinjournalist

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Weltweit sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache. Zwar sinkt seit 2011 die Sterberate kontinuierlich. Doch müssen Betroffene nach einem Herzinfarkt eisern an sich arbeiten und einiges beachten: sich gesund ernähren und viel bewegen, auf Rauchen verzichten, Cholesterin- und Blutzuckerwerte regelmäßig checken, genügend schlafen und Stress vermeiden.

Tägliche Aktivität schützt das Herz

Früher rieten Wissenschaftler und Ärzte Patienten dazu, sich nach einem Herzinfarkt körperlich strikt zu schonen. Sport war für die Betroffenen tabu. „Auch Krafttraining galt für Herzpatienten als zu gefährlich. Doch besonders für ältere Patienten ist dynamisches Krafttraining oder Kraftausdauertraining wichtig, auch als Sturzprophylaxe“, sagt Professor Bernhard Schwaab, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung und Chefarzt an der Curschmann Klinik, einem Rehabilitationszentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Timmendorfer Strand. Neuen Studien zufolge ist die tägliche körperliche Betätigung sogar eines der wirksamsten Mittel, um sich nach einem Herzinfarkt vor erneuten derartigen Ereignissen zu schützen.

Was passiert bei einem Herzinfarkt?

Ein verschlossenes Herzkranzgefäß ist die Ursache für einen Herzinfarkt. Dadurch wird die entsprechende Herzmuskulatur nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt. Häufig treten Herzrhythmusstörungen, im schlimmsten Fall tödliches Kammerflimmern, auf. Verstreicht zu viel Zeit, sterben Teile des Herzmuskels ab, was die Pumpkraft des Herzens für den Verlauf des gesamten weiteren Lebens verringert. Unbehandelt verläuft ein Herzinfarkt oft tödlich. Etwa ein Drittel der Herzpatienten verstirbt, weil zu lange gezögert wird, den Notarzt zu rufen. Deshalb, aber vor allem auch, weil die Pumpfunktion des Herzmuskels erhalten werden soll, zählt bei dem leisesten Verdacht jede Sekunde. Denn:  Bei einer schnellen Behandlung kann sich die Herzfunktion häufig komplett erholen. 

Sport nach Herzinfarkt: Das sollten Sie beachten

Nach einem überlebten Herzinfarkt sollte eine kardiologische Rehabilitation immer dazugehören – auch um die körperliche Bewegung individuell anzupassen. „Bewegung bei stabilen Patienten, auch früh nach einem Herzinfarkt, ist gut für die Gesundheit. Die Trainingsintensität jedoch wird in der kardiologischen Rehabilitation festgelegt“, betont Kardiologe Schwaab. Manche Herzpatienten mit einem unkomplizierten Verlauf dürfen sich beispielweise in der Rehaklinik bereits eine Woche nach dem Herzinfarkt auf das Fahrrad setzen und draußen fahren. Andere wiederum, z. B. Patienten, die langwierig wiederbelebt werden mussten, schaffen es nach vier Wochen gerade so mit Hilfe, sich auf die Füße zu stellen. Wie schnell ein Herzpatient wieder auf die Beine kommt, hängt also von dem entstandenen Herzschaden ab. Im Allgemeinen vergrößert sich dieser, je länger eine Wiederbelebung dauert. Personen, die schnell wiederbelebt werden, können sogar eine normale Herzfunktion wiedererlangen

Die erste Bewegung, die ein Patient nach einem Herzinfarkt macht, erfolgt also unter Anleitung und unter Aufsicht. Später, wenn der Patient wieder Zuhause ist, übernimmt der Hausarzt oder auch der Kardiologe die Betreuung: Je nach Gesundheitsstand des Herzpatienten spricht der Arzt weitere Empfehlungen aus. Wichtig ist, langsam anzufangen, und eine Sportart zu wählen, die nicht überfordert.

Welcher Sport eignet sich nach einem Herzinfarkt?

Welcher Sport eignet sich nach einem Herzinfarkt? Bei der Wahl einer Sportart für Herzpatienten gibt es einige Dinge zu beachten. Besonders zu empfehlen ist moderates Ausdauertraining als Basis der Bewegungstherapie: „Spazierengehen, Nordic Walking, Joggen, Rudern und Fahrradfahren sind günstig “, sagt der Mediziner. „Zusätzlich ist Krafttraining mit niedrigen Gewichten und vielen Wiederholungen wichtig zur Stärkung der Muskulatur“. Durch das Training wird der Herzmuskel besser durchblutet, die Herzfunktion nimmt zu und es kann mehr Blut in den Kreislauf gepumpt werden.

Optimal für den Start ist Fahrradfahren, denn es bietet gleich zwei Vorteile für Herzpatienten: Zum einen kann durch die Gangschaltung die Trainingsintensität einfach an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden. Kommen Patienten ins Keuchen, ist die Belastung zu hoch – da hilft es einen Gang zurückzuschalten.

Zum anderen helfen E-Bikes vielen Patienten sich zu überwinden aufs Rad zu steigen. Der Elektromotor kann unterstützen, das Tempo ist individuell anpassbar. Im Alltag können Betroffene das Fahrrad auch für Einkäufe, Arztbesuche oder Freizeitaktivitäten nutzen. Legen sie über den Tag oder die Woche verteilt mehrere kurze Strecken zurück, bleiben die Herzpatienten automatisch in Bewegung und integrieren den Sport in den Alltag.

Welche Sportarten sollten Menschen nach einem Herzinfarkt meiden?

Herzpatienten sollten Sportarten meiden, die mit einer intensiven Belastung des Herz-Kreislauf-Systems einhergehen, einen hohen Einsatz von Kraft erfordern, sowie einen hohen Stress- und Spannungsfaktor aufweisen können. Dazu zählen Ballsportarten wie Fußball, Squash, Tennis, aber auch Kampfsport und Ski Alpin. Bei Unsicherheiten sollten Betroffene immer den Hausarzt um Rat fragen.

Von Schwimmtraining wird nach einem Herzinfarkt zwar nicht explizit abgeraten, es sollte aber darauf geachtet werden, dass im Falle eines medizinischen Notfalls Hilfe in der Nähe ist. Sonst kann der Aufenthalt im Wasser in einer Notsituation schnell gefährlich werden. Beim Schwimmen ist die Belastung durch den Wasserdruck etwas höher, das Herz muss mehr pumpen. „Möchte ein Herzpatient schwimmen, sollte er sich unbedingt vorher kardiologisch untersuchen lassen. Die meisten Patienten dürfen heute allerdings schwimmen“, sagt Professor Schwaab.

Optimale Motivation in der Herzgruppe

Wer besonderen Wert auf ärztliche Betreuung bei der Ausübung von Sport legt, kann sich bei einer Herzgruppe in seiner Nähe anmelden. In diesem Rahmen treffen sich meistens 20 Personen mindestens einmal in der Woche, um gemeinsam zu trainieren. Die Übungen werden medizinisch betreut. „Eine solche Herzgruppe reduziert Angst bei Patienten, da ein Arzt vor Ort ist und motiviert so zum Training“, so der Chefarzt Schwaab. 

Auf den eigenen Körper hören

Personen, die ehrgeizig sind, sollten von Vergleichen mit anderen absehen, und Wettbewerbsgedanken zur Seite schieben. Vielmehr ist es wichtig, auf den eigenen Körper zu hören, bei Belastung Pausen einzulegen und sich Ruhe zu gönnen. „Deshalb sprechen wir in der Rehaklinik von Trainings- oder Bewegungstherapie anstatt von Sport. Denn damit werden oft Leistung und Wettkampf assoziiert, was allerdings nach einem Herzinfarkt vermieden werden sollte“, betont der Mediziner.

Herzpatienten sollten eine Balance zwischen Sportübungen und Pausen schaffen: Einerseits ist ausreichende und regelmäßige Bewegung wichtig für eine gesunde Lebensweise, andererseits dürfen Patienten nicht übertreiben. Bei Symptomen wie Schwindel, Atemnot, Übelkeit, Brustschmerz oder Herzrhythmusstörungen sollten sie das Training sofort unterbrechen und sich von einem Arzt untersuchen lassen.

Sonderfall Sex nach einem Herzinfarkt

Ein Herzinfarkt bedeutet nicht gleich das Aus fürs Liebesspiel. Viele Betroffene trauen sich allerdings nicht beim Arzt zu fragen, es ist ihnen unangenehm. Oft schränken sie sich in Sachen Sexualität selbst ein. Denn die Angst vor erneuten Komplikationen am Herzen spielt eine große Rolle. Patienten versuchen, körperliche Anstrengungen zu vermeiden.

Laut US-Herzgesellschaft ist aber die Belastung beim Geschlechtsverkehr nicht viel höher als bei sportlicher Betätigung. Bei anderen Aktivitäten, etwa einem Streit oder beim Mitfiebern von Fußballfans vor dem Fernseher, kann die Pulsfrequenz sogar deutlich höher steigen. Die Herzfrequenz beim Sex ist mit Treppensteigen in den zweiten Stock vergleichbar. „Und wer das schafft, ist in der Regel auch in der Lage sexuell aktiv zu sein. Die meisten Patienten, ca. 80%-90%, können nach einem Herzinfarkt wieder Sex haben“, erklärt der Kardiologe.

Bringt das die Betroffenen nicht zu sehr außer Atem, geht von Sex nach einem Herzinfarkt keine Gefahr aus. Wer dennoch unsicher ist, sollte sich von seinem Arzt beraten lassen. Auch in der Partnerschaft sind offene Gespräche wichtig, um eventuelle Bedenken oder Ängste auszuräumen. Sollten bei Herzpatienten während sexueller Aktivitäten länger anhaltende Schmerzen hinter dem Brustbein auftreten, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.

Einem Herzinfarkt aktiv vorbeugen

Sport ist nicht nur nach einem Herzinfarkt gut, sondern vor allem auch vorher: Regelmäßiger Ausdauersport zählt zu den besten Maßnahmen, sich vor Herzerkrankungen zu schützen, den Blutdruck zu senken oder ein angeschlagenes, geschwächtes Herz zu stärken. Ausdauersport kann die dem Herzinfarkt zugrunde liegenden Blutgefäßveränderungen verhindern oder zumindest verzögern, er kann das Fortschreiten einer bestehenden Herzkrankheit verlangsamen, zum Teil stoppen, und in Einzelfällen sogar für einen Genesungsprozess sorgen. Entspannungsübungen bei Sportarten wie Yoga oder Qigong tragen dazu bei, dass Betroffene weniger gestresst sind und sich ausgeglichener fühlen.

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1

Auswahl der Sportart:

Hat der Herzpatient keine Beschwerden mehr und gibt der Arzt grünes Licht, kann es losgehen. Bei der Wahl der Sportart sollte neben gesundheitlichen Aspekten der Spaß weit oben stehen. Nur dann bleibt man auch sicher am Ball. Zuhause auf einem Fitnessfahrrad trainieren, in einer Gruppe zusammen Yoga oder Joggen im Grünen? Ist die passende Sportart einmal gefunden, bringt es Freude, aktiv zu bleiben – und die Motivation steigt.

2

Das Training sollte zur Gewohnheit werden:

Ob jeden Morgen mit dem Fahrrad zum Bäcker, jeden Dienstag Yoga oder jeden dritten Tag acht Bahnen schwimmen – es sollte in bestimmten, gleichbleibenden Abständen trainiert werden. Ideal sind 30 Minuten Ausdauertraining an fünf Tagen in der Woche. Es bringt also auf die Dauer gesehen mehr, kurze regelmäßige sportliche Einheiten einzuplanen als sich einmal im Monat besonders stark zu verausgaben.

3

Realistische Ziele setzen:

Auf den Körper hören, langsam anfangen, langsam steigern. Denn wer gleich einen Berg besteigen möchte, tut weder sich noch seinem Körper einen Gefallen. Im Gegenteil: Zu hohe Erwartungen können demotivieren, den Spaß am Sport verderben – und schlimmstenfalls Betroffene komplett aus der Bahn werfen. Deshalb sollten sie sich kleine Ziele setzen, Pausen einlegen, für Entspannungen sorgen und im Einklang mit dem eigenen Körper trainieren.

Quellen

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