Übernachten im Zelt - das klingt für manche zunächst nach Komforteinbuße und unbequemen Schlaf. Dabei kann diese einfache Form des Urlaubs ganz besonders erholsam sein und sogar die Schlafqualität nachhaltig verbessern.
Keine Frage: Beim Zelten ist man näher dran an der Natur als etwa bei einem Hotelurlaub. Wenn es aber um die Frage geht, welche Art, die Ferien zu verbringen, erholsamer ist, werden viele wahrscheinlich den Vorteil beim Hotel oder Ferienhaus sehen. Schließlich muss man sich dort nicht mit einer Luftmatratze oder gar Isomatte abgeben, sondern schläft in einem richtigen Bett. Hinzu kommt: Selbst in einfachen Unterkünften sind die Möbel meist bequemer als die Campingstühle, die man beim Zelturlaub mitnehmen kann. Kochen, Abwaschen etc. ist ebenfalls nur eingeschränkt möglich – und anders als in einem Hotel nimmt einem auf einem Campingplatz diese Arbeiten niemand ab.
Dennoch schwören viele auf die besondere Erholungswirkung dieser einfachen Urlaubsform. Und eine wissenschaftliche Untersuchung gibt diesen Menschen Recht. So konnten Wissenschaftler von der University of Colorado in Boulder, USA, nachweisen, dass sich die Schlafqualität beim Übernachten im Zelt deutlich verbessert.
Das Schlafen im Zelt verändert den Tag-Nacht-Rhythmus ganz erheblich. Hinkte bei den Studienteilnehmern vor dem Natururlaub der Rhythmus um ungefähr zwei Stunden hinter dem eigenlich natürlichen her, war diese Verschiebung nach dem Aufenthalt im Zelt so gut wie verschwunden.
Die Forscher führten dazu Blutuntersuchungen vor und nach dem Aufenthalt durch – und analysierten insbesondere den Gehalt des Schlafhormons Melatonin. Dabei zeigte sich: Während der Melatoningehalt vorher erst nach dem Erwachen allmählich absank, reduzierte sich dieser Gehalt nach der Woche schon bevor die Studienteilnehmer aufwachten. Die Folge: Anstatt verschlafen in den Tag zu starten, waren die Teilnehmer jetzt mit Tagesanbruch putzmunter – und dass, obwohl sich die Schlafdauer nicht geändert hatte.
Dafür kommen mehrere Gründe in Betracht:
Gründe für die Verbesserung der Schlafqualität
1
Mehr frische Luft
Wer im Zelt schläft, ist nur durch eine dünne Außenhaut von der freien Natur getrennt. Die Versorgung mit frischer Luft ist dadurch deutlich besser, als sie es in geschlossenen Räumen sein kann. Selbst wenn man bei geöffnetem Fenster schläft, zirkuliert die Luft nicht im selben Maße. Ganz zu schweigen davon, dass in vielen Urlaubsresorts Klimaanlagen zum Einsatz kommen.
2
Aktiver Urlaubsstil
Egal ob am Strand oder in den Bergen: Beim Campen verbringt man zwangsläufig den größten Teil des Tages im Freien. Da der Aufenthalt im Zelt schnell etwas eintönig werden kann, ist der Anreiz hoch, den Tag aktiv zu gestalten. Und wandern, schwimmen, Rad fahren sind nicht nur gut für die Fitness. Solche Aktivitäten sorgen auch dafür, dass man abends schnell in die Nachtruhe findet.
3
Besserer Tag-Nacht-Rhythmus
Den stärksten Effekt auf die Schlafqualität hat jedoch laut der Studie wahrscheinlich die Veränderung des Tag-Nacht-Rhythmus, die sich infolge eines Zelturlaubs ergeben kann. Denn tatsächlich verschiebt das Schlafen im Zelt diesen Rhythmus zum Teil ganz erheblich. Der Grund hierfür: Zum einen wird man beim Zelten mit dem Anbruch des Tages schnell vom Licht geweckt. Zum anderen stehen deutlich weniger künstliche Lichtquellen und elektronische Unterhaltungsmedien zur Verfügung, die letztlich dafür verantwortlich sind, dass sich der Tag-Nacht-Rhythmus des modernen Menschen vom eigentlich natürlichen Rhythmus loslösen konnte.
Ernstes medizinisches Problem
Schlafprobleme sollte man jedoch ernst nehmen. Denn auf Dauer reduziert sich nicht nur die mentale Leistungsfähigkeit. Auch der Körper leidet. Schlafmangel wirkt wie Stress – mit den entsprechend negativen Folgen.
Zwar gibt es viele mögliche Ursachen für Schlafstörungen. Eine zentrale Rolle spielt dabei jedoch ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus. Tatsächlich ist es in unserer modernen Welt relativ leicht möglich, diesen Rhythmus durcheinander zu bringen. Schichtarbeit, elektrisches Licht, Fernsehkonsum bis tief in die Nacht, aber auch Fensterläden und Jalousien, die das Tageslicht fern halten, bleiben nicht ohne Wirkung. Da wäre es hilfreich, wenn man quasi einen Reset-Knopf drücken könnte – und den Tag-Nacht-Rhythmus in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen könnte.
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Melatonin spielt eine zentrale Rolle bei der Steuerung des Schlafes. Abends, bei Dunkelheit, schüttet der Körper mehr davon aus, so dass wir müde werden. Fällt jedoch Tageslicht ins Auge, so wie am Morgen üblich, wird die Melatoninproduktion unterdrückt – und die Müdigkeit verschwindet. Durch künstliches Licht – bei der Studie war am Abend als einzige Lichtquelle das Lagerfeuer erlaubt – gerät dieser Rhythmus jedoch durcheinander. Die Folge: Morgens kommen wir nicht so recht in die Gänge – und abends fällt uns das Einschlafen schwerer. Selbst wenn sich dadurch an der Schlafdauer nichts ändert, leidet die Schlafqualität.
Selbstverständlich ist für die meisten Menschen hierzulande das Zelten nur eine Option für die Ferien. Doch offensichtlich lohnt es sich, es bei Schlafproblemen auch einmal mit einem Natururlaub zu probieren. Die vom Komfort her zwar sehr einfache Unterbringungsform kann einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus wieder einrenken. Und wer sich im Urlaub daran gewöhnt hat, auf künstliche Lichtquellen am Abend zu verzichten, kann dies auch leichter im Alltag umsetzen.
Die Müdigkeit vertreiben
Abgesehen davon zeigt die Studie, dass frühes Aufstehen – insbesondere im Sommer – für den Schlaf von Vorteil ist. Sorgen Sie also dafür, dass Sie morgens möglichst viel Licht abbekommen – und ziehen Sie die Jalousien hoch beziehungsweise die Vorhänge zur Seite. Das Licht unterdrückt das Schlafhormon Melatonin. Schon nach kurzer Zeit verschwindet die Müdigkeit.
Im Gegenzug ist es abends natürlich notwendig, nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr allzu lange auf zu bleiben. Gehen Sie bewusst früh ins Bett. Die Stunden, die Ihnen am Abend möglicherweise fehlen, gewinnen Sie am Morgen hinzu. Und weil sich so Ihr Schlafrhythmus wieder den natürlichen Begebenheiten annähert, werden Sie insgesamt wacher und munterer sein.
Vorteile für die Beweglichkeit
Zelten hat nicht nur auf die Schlafqualität positive Effekte. Auch die Beweglichkeit kann davon profitieren – und das genau deswegen, weil man den Komfort beim Campen zwangsläufig etwas reduzieren muss. So liegt die Schlafstätte typischerweise direkt auf dem Boden. Beim Hinlegen und Aufstehen muss man sich folglich etwas mehr anstrengen. Die meisten Zelte sind zudem niedriger als die Wohnung zu Hause, so dass man sich häufiger bücken oder in die Hocke gehen muss. Und manchmal ist es sogar erforderlich, sich im Zelt kriechend vorwärts zu bewegen. Das mag einem unbequem und möglicherweise lästig erscheinen. In der Tat handelt es sich jedoch um Bewegungsformen, die wir im Alltag kaum üben. Letztlich führen die möglicherweise empfundenen Komforteinbußen so zu einem ungewöhnlichen Beweglichkeitstraining.
Wie positiv die Effekte für die Gesundheit beim Zelturlaub sind, hängt letztlich erheblich davon ab, wie man diesen Urlaub konkret gestaltet. Wer zum Beispiel einen Campingplatz wählt, bei dem bis spät in die Nacht Animateure lautstark für Stimmung sorgen, sollte besser nicht mit positiven Effekten für den Schlaf rechnen. Das gleiche gilt, wenn man das Urlaubsdomizil mit allerlei elektronischen Geräten ausstattet, so dass man – genauso wie zu Hause – auch in der freien Natur zu nachtschlafender Zeit noch Fernsehen gucken oder im Internet surfen kann.
Wer jedoch den Campingurlaub so angeht, dass er zu einer echten Auszeit von den üblichen Verlockungen und Ablenkungen der Zivilisation wird, darf sich auf sehr erholsame Tage oder gar Wochen freuen.