Verschleppte Erkältung

Verschleppte Erkältung klingt banal, ist es aber nicht. Denn Folgeerkrankungen wie eine Lungen- oder Herzmuskelentzündung können gravierend sein. Wir zeigen, bei welchen Symptomen Vorsicht geboten ist und welche Faustregel bei einer Erkältung gilt.

Qualitätssicherung: Philipp Grätzel von Grätz, Arzt und Medizinjournalist

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Schwimmen und Laufen – das sind zwei Leidenschaften von Björn Picker. Er ist 22 Jahre alt, gesund und sehr sportlich. Eine kleine Erkältung kann ihm nichts ausmachen, denkt er. Einige Tage nach seiner Erkältung fängt er wieder an, Sport zu treiben, sein leichtes Husten hält ihn davon nicht ab. Zwei, drei Tage lang fühlt er sich schlapp. Dann plötzlich wacht er nachts auf, sein Herz rast, der Puls ist viel zu hoch. Er ruft einen Krankenwagen.  

Nur zweieinhalb Wochen nach seiner Erkältung liegt Björn Picker im OP und bekommt einen Herzschrittmacher. Das EKG hatte Pausen zwischen seinen Herzschlägen angezeigt. Auslöser war die Überbelastung nach der verschleppten Erkältung. Die Diagnose: Herzmuskelentzündung.

Was ist eine verschleppte Erkältung?

Ob Grippe oder Erkältung –beide sollten unbedingt vollständig auskuriert werden. Falsches Pflichtbewusstsein gegenüber der Arbeit, Freunden oder Familie führt zu unzureichender Schonung, welche wiederum weitreichende Folgen haben kann. Gleiches gilt für jegliche Form von sportlicher Aktivität und Überanstrengung.  

Denn wird eine Erkältung nicht richtig auskuriert, kann es zu einer verschleppten Erkältung kommen. „Verschleppte Erkältung" ist jedoch keine korrekte medizinische Bezeichnung. „Der Volksmund meint damit einen länger dauernden und/oder komplizierten grippalen Infekt”, erklärt Dr. med. Uwe Popert, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) – Sektion hausärztliche Praxis.

Symptome einer Erkältung

Eine einfache Erkältung oder ein “grippaler Infekt” ist eine Entzündung der oberen Atemwege. Typische Symptome sind Husten, Schnupfen, Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Heiserkeit und manchmal Ohrenschmerzen. 

Eine Erkältung kann durch mehr als 30 verschiedene Viren ausgelöst werden. Die häufigsten Auslöser sind Rhinoviren, vor allem im Winterhalbjahr. Sie werden entweder über die Luft übertragen, als Tröpfchen oder Aerosole. Auch Schmierinfektionen, vor allem über die Hände, kommen vor. Hygienemaßnahmen können präventiv wirken, sind aber keine Garantie, dass eine Erkältung ausbleibt. Gegen Erkältungen durch Grippeviren, vor allem gegen schwere Verläufe, hilft außerdem eine Grippeimpfung. 

„Eine normale Erkältung dauert in der Regel etwa 5 bis 10 Tage, selten über 14 Tage, und verläuft in den allermeisten Fällen komplikationslos”, sagt Dr. med. Uwe Popert. Zu beachten ist, dass Raucher tendenziell eine längere Regenerationsphase haben als Nichtraucher. Der Husten kann nach einer Erkältung auch häufig noch mehrere Wochen anhalten, Mediziner sprechen dann von „postinfektiösem Reizhusten“.

Grippe oder Erkältung?

Erkältungen können sehr variabel verlaufen. Oft nehmen die Symptome langsam zu, die Körpertemperatur ist normal oder leicht erhöht. Bei einer schwer verlaufenden Grippe, die durch Influenza-Viren verursacht wird, treten die Symptome dagegen sehr plötzlich auf und sind zudem wesentlich stärker. Typisch sind hohes Fieber und starke Gliederschmerzen. Aber auch eine Infektion mit Grippeviren kann wie eine Erkältung verlaufen, und umgekehrt kann eine Infektion mit Rhinoviren oder auch Coronaviren im Einzelfall durchaus heftig verlaufen. Die Symptome helfen also bei der Frage, welcher Erreger vorliegt, nicht weiter.  Der Krankheitsverlauf kann sehr individuell sein. Wichtig ist, auf seinen Körper zu hören und sich bei Symptomen, insbesondere bei Fieber, zu schonen. Ein Arztbesuch ist dann sinnvoll, wenn die Symptome über das hinausgehen, was die betreffende Person von Erkältungskrankheiten sonst gewohnt ist.

Symptome einer verschleppten Erkältung:

Eindeutige Anzeichen für eine verschleppte Erkältung gibt es nicht. Denn die Symptome gleichen denen eines gewöhnlichen Infekts: 

  • Husten  
  • Halsschmerzen 
  • Schnupfen 
  • Kopfschmerzen 
  • Heiserkeit 
  • Erhöhte Temperatur 
  • Schüttelfrost 
  • Abgeschlagenheit  

Entscheidend ist: Die Beschwerden dauern länger an als bei einer einfachen Erkältung. Wer gegen Ende eines grippalen Infekts, einer Corona-Infektion oder einer Grippeerkrankung erneut zunehmende Symptome zeigt, sollte von einer verschleppten Erkältung ausgehen. 

Welche Folgen hat eine verschleppte Erkältung?

„Mögliche Folgen einer verschleppten Erkältung sind zum Beispiel eine anhaltende Entzündung der Nasennebenhöhlen oder der Bronchien. Selten kann es auch zu einer Lungenentzündung kommen. Bei schweren Verläufen können dann gegebenenfalls Antibiotika helfen. Insgesamt sollten diese jedoch bei einfachen grippalen Infekten vermieden werden”, sagt Dr. med. Uwe Popert.  

Lungenentzündungen und Bronchitis sind Erkrankungen der unteren Atemwege. Lungenentzündungen sind schwere Erkrankungen mit einer gravierenden Beeinträchtigung der Lungen. Dabei sind die Lungenbläschen und das umliegende Gewebe entzündet, letzteres schwillt an. Das wichtigste Symptom der Lungenentzündung ist Atemnot oder „Kurzatmigkeit“. Sie tritt bei Erkältungen normalerweise nicht auf. Wer Luftnot hat, braucht unbedingt einen Arzt, denn das kann unter Umständen.  lebensbedrohlich werden.  

Auch bei Auftreten von Symptomen wie Herzrhythmusstörungen und Kreislaufproblemen sollte die Ursache zügig medizinisch abgeklärt werden. 

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Folgen einer verschleppten Erkältung:

Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündung, Lungenentzündung, Herzmuskelentzündung, Mittelohrentzündungen, Asthmaschübe bei Asthmatikern.

Herzmuskelentzündung als Folge einer verschleppten Erkältung

Zu den selteneren Folgen einer verschleppten Erkältung gehört die Herzmuskelentzündung. „Eine Herzmuskelentzündung kann nach einem Virusinfekt auftreten – oft in Folge einer überschießenden Immunreaktion. Sie kann sich mit Leistungsschwäche bzw. Herzrhythmusstörungen und/oder Brustschmerzen bemerkbar machen”, erklärt Dr. med. Josef Pömsl, stellvertretender Sprecher der DEGAM-Sektion hausärztliche Praxis. Als allgemeiner Risikofaktor gelte eine zu intensive körperliche Belastung zum Beispiel beim Sport, während oder unmittelbar nach einem viralen Infekt, rund 50 % der Herzmuskelentzündungen entstehen auf diese Weise. 

Caucasian young woman coughing and sitting under the duvet at home

Folge einer verschleppten Erkältung

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Sollten sich Wasseransammlungen in den Beinen, ein Druckgefühl in der Brust oder unregelmäßiger Puls bemerkbar machen, können das Anzeichen für eine Herzmuskelerkrankung sein. Auch starke Müdigkeit, Gliederschmerzen oder Herzstolpern sollten unbedingt ernst genommen werden.

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Bei einer Herzmuskelentzündung führt die Entzündung des Muskelgewebes zu einer Beschädigung der Zellen, was wiederum zu einer Beschädigung des Herzens führen kann. Der Herzmuskel „erweitert“ sich und kann nicht mehr mit genügend Kraft pumpen. Das Resultat ist eine Herzschwäche. Treten zusätzlich Herzrhythmusstörungen auf, muss in manchen Fällen ein Herzschrittmacher eingesetzt werden, der das regelmäßige Schlagen des Herzens gewährleistet.

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Treten Wassereinlagerungen, Druckgefühl über der Brust, unregelmäßiger Herzschlag oder Luftnot während oder nach einer Virusinfektion auf, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden – wie in dem Fall von Björn Picker.

Seit fast 20 Jahren lebt er nun mit seinem Herzschrittmacher – und das ohne Einschränkungen. Auch seine große Leidenschaft, das Laufen, hat er nicht aufgegeben. Regelmäßig läuft er, um Spenden für verschiedene Organisationen zu sammeln und ist damit sehr erfolgreich. Doch eine Sache hat sich verändert: „Heutzutage bin ich vorsichtiger geworden und höre mehr auf die Zeichen, die mein Körper mir gibt. Das bedeutet auch, dass ich mir bewusst mehr Zeit für Pausen einräume”, sagt Björn Picker. Nach einer Erkältung verzichtet er gut zwölf Tage nach den letzten Symptomen auf körperliche Anstrengung.

Trotz Herzschrittmacher geht Björn Picker weiterhin seiner Leidenschaft, dem Laufen, nach.

Maßnahmen bei einer Erkältung

Zuallererst ist es wichtig, dass alle Krankheitssymptome abgeklungen sind, bevor Sport oder alltägliche körperliche Aufgaben wieder aufgenommen werden. Jede Erkältung sollte vollständig auskuriert werden, um schwerwiegende Folgen wie eine Lungen- oder Herzmuskelentzündung zu vermeiden. 

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Als Faustregel gilt:

Sieben bis zehn Tage nach Abklingen der letzten Symptome – abgesehen von Reizhusten - sollte körperliche Anstrengung vermieden werden.

Dabei ist es auch wichtig, auf den eigenen Körper zu hören. Wenn man sich noch nicht wieder komplett fit fühlt, ist es ratsam, noch länger zu pausieren.  

Weiterhin gilt die alte Weisheit: Schlaf ist die beste Medizin. Die Ruhephase im Schlaf stimuliert das Immunsystem und sorgt für die Regeneration des Körpers. Schlaf ist sowohl eine präventive als auch eine behandelnde Maßnahme.  

Die durchschnittliche Schlafdauer in Deutschland beträgt laut dem Institut für Schlafmedizin etwa sieben Stunden, allerdings schlafen die meisten zu wenig. Verallgemeinern kann man die optimale Schlafdauer jedoch nicht, da jeder ein individuelles Schlafbedürfnis aufweist. Allgemein empfohlen wird eine Schlafdauer von mindestens 8 Stunden.  

Frische Luft hat ebenfalls positive Auswirkungen auf den Körper und die Gesundheit. Das Lüften zuhause reduziert die Aerosollast und das Rausgehen ist schon allein wegen der Bewegung gut – außerdem atmet man tiefer ein und besser ab. 

Wie kann ich mich vor einer Erkältung schützen?

„Vor schweren Infekten können ausreichender Schlaf, regelmäßige Bewegung bzw. Sport und Sauna schützen. Auch gelegentliche leichte Infekte stärken das Immunsystem. Bei Menschen mit Immunschwäche können auch Impfungen gegen Pneumokokken, Influenza oder COVID hilfreich sein”, sagt Dr. med. Josef Pömsl. Letzteres wird besonders Menschen ab dem 60. Lebensjahr empfohlen, die laut RKI von einer Impfung gegen Gürtelrose, Pneumokokken, COVID und Grippe besonders profitieren.

Das Immunsystem stärken – Erkältungen vermeiden

  • Sport und Bewegung an der frischen Luft 
  • Gute Sozialkontakte sorgen für eine natürliche Immunisierung  
  • Acht Stunden Schlaf pro Tag 
  • Ausgewogene Ernährung mit Antioxidantien und Vitaminen  
  • Das Vermeiden von Stress 
  • Impfungen

Björn Picker weiß heute, dass er damals leichtsinnig war. Er rät allen, nicht den gleichen Fehler zu machen und eine verschleppte Erkältung nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Wie in seinem Fall kann selbst ein leichter Husten noch deutlich Größeres auslösen. Die Devise lautet also: Dem eigenen Körper die Zeit gönnen, sich richtig auszukurieren und wieder komplett fit zu werden.

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