Sobald es draußen sonniger und wärmer wird, bestimmen sie plötzlich das Bild der Parkanlagen: Jogger. Viele von ihnen schnüren sich die Laufschuhe zum ersten Mal. Für den erfolgreichen Einstieg gibt es einige Aspekte zu beachten. Laufexperte Carsten Eich bringt die Dinge auf den Punkt.
Was sollte jeder Anfänger vor dem Start berücksichtigen?
Prinzipiell kann jeder mit dem Laufsport beginnen. Ich empfehle allerdings Untrainierten vorher einen Gesundheitscheck beim Arzt. Besonders das Herz-Kreislauf-System sollte geprüft werden. Starkes Übergewicht kann auch ein Thema sein. Betroffene sollten zunächst mit dem Walken beginnen, umso das Gewicht etwas zu reduzieren. Beim Laufen befinden wir uns teilweise in der Flugphase und bei jedem Schritt landet das gesamte Gewicht auf den Füßen. Wer einfach mit einem Sneaker losläuft, der riskiert Verletzungen an den Sehnen, Muskeln und Gelenken. Deswegen ist für jeden Einsteiger die Auswahl des passenden Schuhs so wichtig. Jeder sollte sich in einem Spezialgeschäft beraten lassen. Die Experten sehen bei einem Test auf dem Laufband die Fußstellung und können verschiedene Modelle zum Probieren vorschlagen. So gibt es Varianten mit einer breiteren Zehenbox oder Kategorien für Personen mit mehr Gewicht. Insbesondere für Anfänger ist bei dem Schuh eine gute Dämpfung essenziell. Natürlich muss man sich in dem ausgewählten Schuh wohlfühlen und er muss bequem sein. Drückt der von Anfang an, dann klappt das nicht. Der richtige Schuh ist die Rückversicherung vor Verletzungen und Überlastungsschäden.
Was ist bei der Gestaltung des Trainings zu beachten?
Wer untrainiert mit hohem Tempo startet, der wird schnell scheitern. Zu Beginn ist ein langsames Tempo mit der Integration von kurzen Gehpausen entscheidend. Schön wäre es zu Beginn die 10 Minuten am Stück zu laufen, aber ohne sich zu überfordern. Diese Laufphasen werden in ganz kleinen Schritten verlängert, die Gehpausen verkürzt. Die anderen Läufer, die zügig ihre Runden drehen, trainieren auch schon lange. Das darf man nicht vergessen und sie sind daher kein Maßstab. Wichtiger ist es, das persönliche Wohlfühltempo zu finden. Eine Faustformel ist, dass man sich unterwegs gut unterhalten kann. Kurzatmigkeit und Ringen nach Luft sind zu vermeiden. Wer unsicher ist, der kann seine Belastung mit einer Pulsuhr steuern. Hier gilt die Regel, dass 70% des Maximalpulses nicht überschritten werden. Ist der Anfang erst gemacht, dann wären zwei Laufeinheiten pro Woche ideal. Wenn möglich, dann ist eine dritte Einheit mit einer verwandten Ausdauersportart hilfreich. Das kann zum Beispiel Schwimmen oder Radfahren sein. Auf diese Weise spricht man verschiedene Muskelgruppen an. Was wir nicht vergessen dürfen, ist die Stabilität des Körpers zu stärken. Übungen für die Bauch- und Rückenmuskulatur sind wichtig. Das kann zuhause oder im Fitnessstudio sein. Die Muskulatur muss auf ein steigendes Laufpensum vorbereitet sein.
Warum ist Laufen ein idealer Sport?
Das Gute beim Laufen ist, dass kein besonderes Talent nötig ist. Es ist eine faire Angelegenheit, denn wir bekommen, was wir trainieren. Nach und nach baut sich eine Leistungsfähigkeit auf. Trainingsreize führen zu Anpassungsprozessen im Körper. Zunächst ist ungewohntes Training eine Überlastung für den Körper. Bis zum nächsten Mal versucht er darauf zu reagieren, um besser vorbereitet zu sein. Nach einigen Wochen stellen sich positive Effekte beim Herz-Kreislauf-System, der Muskulatur, der Lunge oder den Blutwerten ein. Viele Parameter verbessern sich, darüber steigert sich dann schrittweise die Leistungsfähigkeit. Ein weiterer Aspekt beim Laufen ist, dass der Kopf frei wird. Durch die Bewegung in der Natur ist der Entspannungsfaktor groß. Viele finden plötzlich unterwegs Lösungen für Probleme, für die vorher der Blick versperrt war. Kreativität setzt sich frei oder man lässt abends den Tag Revue passieren. Das geht natürlich nur, wenn ich meine Belastung im Rahmen halte und mich im Wohlfühltempo bewege.
Wie sind die klassischen Motivationslöcher zu vermeiden?
Der Kardinalfehler am Anfang ist, dass versucht zu lange am Stück zu laufen, anstatt eine kurze Gehpause einzuschieben. Die ständige Überforderung der körperlichen Belastung ist beim Einsteiger oft das Momentum, bei dem er nichts Gutes am Laufen findet. Wer anschließend völlig kaputt auf dem Sofa sitzt und sich nicht regeneriert, der hat die Intensität zu hochgeschraubt. Jeder sollte sich gut fühlen und den Rest des Tages normal gestalten können. Die Leistungsfähigkeit beim Laufen ist mit einer Pyramide zu vergleichen. Je breiter das Fundament ist, umso höher kann man sie aufbauen. Wer aber immer nur in der Spitze unterwegs ist, dem fehlt die Grundlage für eine gute Leistungsentwicklung. Hier gilt vor allem für Einsteiger der Grundsatz: Ein Schritt zurück bei der Belastung ist ein Schritt nach vorn beim zukünftigen Lauftempo.
Ein anderer Aspekt sind vermeidbare Verletzungen. Am Anfang ist darauf zu achten, den Schritt nicht zu lang zu ziehen. Der Fuß soll unter dem Körperschwerpunkt aufsetzen, damit das Knie beim Landen nicht gestreckt ist. Die Ferse hat oft den ersten Bodenkontakt, besser wäre ein Aufkommen auf dem Mittelfuß um Belastungen verteilen zu können.
Manchen Einsteigern fehlt mit der Zeit ein konkretes Ziel. Die können sich zum Beispiel für die Fünf-Kilometer-Strecke eines Volkslaufs anmelden, der in einigen Wochen oder Monaten stattfindet. Auch Firmenläufe sind passende Veranstaltungen. Da geht es nicht um eine Bestzeit, sondern nur um das Mitmachen. Oder sie schließen sich einer Laufgruppe mit passendem Tempo an. In jedem Fall gilt: Das erste Ziel ist es, die 30 Minuten locker am Stück laufen zu können.
Zur Person
Carsten Eich ist Laufexperte, Trainer und seit diesem Jahr auch Buchautor. Fast zwanzig Jahre war er Laufprofi und stelle zwei Deutsche Rekorde im Straßenlauf auf. Außerdem nahm er an Europa- und Weltmeisterschaften sowie den Olympischen Spielen teil. Sein breites Wissen rund ums Thema Laufen hat er nun auch in einem Buch inkl. konkreter Trainingspläne für unterschiedlichste Leistungsbereiche zusammengetragen.