211130_shutterstock_1854572326_Nutri_Score
211130_shutterstock_1854572326_Nutri_Score

Nutri-Score: die Lebensmittel-Ampel

Was landet täglich in unserem Einkaufswagen? Jeder Kassenbon im Supermarkt ist ein Statement über die eigene Ernährung und wirft Fragen auf. Gibt es eine Alternative zum Müsli, das mit einer Portion den Kalorienbedarf des ganzen Tages abdeckt? Oder eine zum Erdbeerjoghurt, der nie eine einzige Erdbeere gesehen hat? Bestimmt. Der Nutri-Score auf der Produktverpackung hilft.

Autor: zone35

Lesezeit: / veröffentlicht:

Im Supermarkt aus den endlosen Regalwänden die besten Lebensmittel auszuwählen, kann eine ziemliche Herausforderung sein. Hatte ein typischer Supermarkt 1976 noch circa 9.000 Produkte im Sortiment, sind es heute rund 40.000. Das heißt, wir müssen viel mehr sortieren, filtern, entscheiden. Und vieles davon hat keine gute Qualität. Vor allem bei stark verarbeiteten Lebensmitteln, die einen immer größeren Teil des Angebots und damit unserer Ernährung ausmachen, ist Vorsicht geboten. Sie sind oft energiereich, enthalten gesättigte Fette, jede Menge Zucker und Salz sowie Farb- und Zusatzstoffe. Dafür bleibt auf der Strecke, was für den Körper eigentlich unersetzbar ist: Vitamine, Mineralstoffe oder Ballaststoffe zum Beispiel. Das klingt nicht nur ungesund, das ist es leider auch. Doch natürlich gibt es Unterschiede, selbst bei geschmacklich ähnlichen Produkten. Auch heißt „verarbeitet“ nicht in jedem Fall „ungesund“.

Durchblick behalten

Als grobe Faustregel gilt: Je stärker verarbeitet ein Lebensmittel ist, je länger die Liste der Inhaltsstoffe, desto skeptischer sollte man sein. Am gesündesten sind Produkte, die gar keine Zutatenliste brauchen: „echte“ Lebensmittel wie Obst und Gemüse, Kräuter, Nüsse und Vollkorngetreide. Hier müssen wir nicht groß überlegen. Natürlich kann es auch passieren, dass mal eine Fertigpizza auf den Teller kommt. Dann sollten wir aber genauer hinschauen: Was ist drin?

Orientierung beim Einkauf mit Nutri-Score

Gesund und kalorienarm? Oder Kalorienbombe, Zucker- oder Fettfalle? Es genügt ein Blick auf die bunte Buchstabenleiste auf der Vorderseite der Verpackung. Die Lebensmittelampel Nutri-Score liefert schnelle, verbraucherfreundliche Information darüber, wie ausgewogen ein Lebensmittel ist. Angegeben wird nur ein einziger Wert auf einer fünfstufigen Ampelscala von A (dunkelgrün = sehr gut, positive Bilanz) bis E (rot = negative Bilanz, gesundheitlich bedenklich). Das System wurde 2017 von den französischen Gesundheitsbehörden entwickelt, seit 2020 können es Unternehmen in Deutschland rechtssicher verwenden.

Die Kennzeichnung ergibt sich aus einem komplexen Bewertungssystem, bei dem Punkte für bestimmte Nährwerte vergeben werden. Je mehr Gesundheitsförderliches wie Ballaststoffe, Proteine oder Obst, Gemüse und Nüsse im Lebensmittel steckt, desto vorteilhafter, also grüner ist der Score. Ungünstige Inhaltsstoffe wie Zucker, gesättigte Fette und Salz ergeben dagegen Minuspunkte. Beispiel Pizza: Enthält sie viel Fett, gibt das viele Minus-Punkte. Liegen auf ihr viele Tomaten- und Paprikastücke, gibt es positive „Gemüse-Punkte“. Die Bilanz aus Positiv und Negativ ergibt die Score-Bewertung.

Wie den Nutri-Score nutzen?

Bei den heutigen Auswahlmöglichkeiten im Supermarkt steht neben einem Produkt mit schlechtem Nutri-Score oft das bessere Produkt gleich daneben. Der Score ist aber kein Freifahrtschein dafür, nur noch zu verarbeiteten Produkten zu greifen. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist auch zu beachten: Weniger Fertigprodukte verursachen weniger Müll.

Grenzen des Ampelsystems

So einleuchtend und verständlich die Ampelfarben bei den meisten Produkten sind: der Nutri-Score hat seine Grenzen. So lautet die Kritik, dass Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker oder Süßstoffe nicht mit in die Bewertung einfließen. Ebenso bleibt der Vitamin- und Mineralstoffgehalt, bis auf Salz, außen vor. Auch in Sachen Nachhaltigkeit, etwa bei regionalen oder saisonalen Produkten, trifft die Ampel keine Aussage. Bei manchen Produkten führt die Kennzeichnung in ihrer jetzigen Form deshalb zu fragwürdigen Ergebnissen. Ein Beispiel ist Apfelsaft: Apfelsaft bekäme ein gelbes C, weil in ihm vergleichsweise viel Zucker steckt. Eine Cola Light dagegen würde ein hellgrünes B tragen, weil sie keinen Zucker enthält. Dafür ist Süßstoff drin, der aber nicht in die Bewertung miteinfließt. Vitamingehalt, Süßstoffe und Ökobilanz werden derzeit nicht berücksichtigt.

Langfristig sollten gesunde Optionen beim Lebensmitteleinkauf selbstverständlich werden und nicht erst mühselig auf der Packungsrückseite herausgelesen werden müssen. Der Nutri-Score ist hier ein Schritt in die richtige Richtung. Nicht zuletzt, weil er auch den Nahrungsmittelproduzenten mehr Anreiz gibt, ihre Produkte gesünder zu gestalten. Erste positive Beispiele gibt es bereits. Bislang ist die Kennzeichnung allerdings freiwillig. Auf Widerstand stößt sie vor allem in der Süßwarenindustrie und Teilen der Getränkebranche. Wen wundert´s: 31 Stück Würfelzucker in einem Liter Cola wären ganz klar ein dunkelrotes „E“.