Wandern macht glücklich

Mehrere Stunden in der Natur unterwegs zu sein ist ein Erlebnis der besonderen Art. Was dem Körper gut tut, wirkt sich auch positiv auf den Geist aus. Je öfter und je länger die Wandertouren andauern, umso größer ist der Genuss-Effekt. Christine Merkel, Referentin für Wandern und Gesundheit beim Deutschen Wanderverband, erklärt die wichtigsten Aspekte rund um das Wandern.

Qualitätssicherung: Christine Merkel

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Wo liegt der Unterschied zwischen Wandern und Spazierengehen?
Zu einem Spaziergang bricht man einfach auf und er endet meist spätestens nach etwa 1 bis 1,5 Stunden. Eine Wanderung dauert in der Regel länger und erfordert eine gezielte Planung sowie Vorbereitung. Die Basis für Wanderungen sind üblicherweise markierte Wanderwege. Je nach Bedarf und Können wird daraus der passende Weg ausgewählt. Faktoren wie Streckenlänge, Beschaffenheit und Schwierigkeitsgrad werden berücksichtigt. Im nächsten Schritt erfolgt die Auswahl der dafür nötigen Ausrüstung. Die Vorbereitung einer Wanderung ist also deutlich komplexer als die für einen Spaziergang.

Warum liegt Wandern im Trend?
In zwei Studien von 2010 und 2015 wurden die Beweggründe für das Wandern erhoben. Darin wurden als Hauptmotive das Naturerlebnis sowie der gesundheitliche Vorteil genannt. Mehr im Vordergrund stehen seit einiger Zeit die intrinsischen Motive, wie beispielsweise die Besinnung auf sich selbst und die Reduktion von Stress. Durch die Corona-Situation hat Wandern einen weiteren Boom erlebt, weil es nur wenige Alternativen für Bewegung in der Freizeit gab. Abgesehen davon ist Wandern niedrigschwellig: Man ist unabhängig und kann es überall ausüben. Jeder kann es entweder allein, gemeinsam mit der Familie oder in einer Gruppe unternehmen.

Welche Ausrüstung ist zu Beginn nötig?
Wanderschuhe sind als erste Anschaffung essenziell, denn sie ermöglichen einen festen Tritt. Die Anbieter verfügen mittlerweile über eine große Vielfalt von Wanderschuhen. Das können beispielsweise leichtere Halbschuhe sein oder schwere Varianten mit einem höheren Schaft. Die Auswahl ist abhängig von den Wanderzielen und Streckenlängen. Ein Rucksack ist ebenfalls ein wichtiger Teil der Ausrüstung. Dieser muss sehr gut sitzen, damit er unterwegs nicht zur unangenehmen Last wird. Man sollte ein Erste-Hilfe-Set und ggf. persönliche Medikamente mit dabeihaben. Ausreichend Wasser muss unbedingt im Gepäck sein. Bei einer Halbtagestour sollten das 1,5 Liter sein. Bei längeren Touren ist etwas Wegzehrung sinnvoll. Eine Wanderkarte oder eine App-Lösung auf dem Smartphone sind ebenfalls wichtig. Je nach Witterung sollten Sonnencreme, eine Kopfbedeckung oder eine Regenjacke im Rucksack sein. Nach und nach kann man das Equipment mit der passenden Wanderhose und anderen wanderspezifischen Kleidungsstücken erweitern.

Wie findet man für den individuellen Zweck den passenden Wanderweg?
Es gibt in Deutschland mehr als 200.000 km Wanderwege, die von den lokalen Vereinen gepflegt und markiert werden. „Qualitätswege Wanderbares Deutschland“ sind vom Deutschen Wanderverband zertifiziert und bieten einen Mindeststandard, was Markierung und Erlebnispotential betrifft. Darunter gibt es einfache Komfortwege oder Wege für Familien, die abwechslungsreich und spannend für die Kinder sind. Und es gibt anspruchsvolle Wege – zum Beispiel in den Mittelgebirgen – die für Einsteiger nicht sinnvoll sind. Man sollte bei der Auswahl des Wanderweges die eigene Fitness und Erfahrung im Blick haben. Jeder Wanderinteressent kann sich bei den lokalen Wandervereinen informieren und dort an geführten Wanderungen teilnehmen.

Welchen Effekt hat Wandern auf die Gesundheit?
Beim Wandern handelt es sich um ein Ausdauertraining, das äußerst positive Auswirkungen auf Körper und Geist hat. Dazu gehören Punkte wie die Unterstützung der Gewichtskontrolle oder die Stabilisierung der Knochen, Sehnen, Bänder und Gelenke. Die verbesserte Beinmuskulatur entlastet die Knie- und Hüftgelenke und der Halteapparat des Körpers verbessert sich. Die Ausdauer steigt an und führt so zu einem Senken des Blutdrucks. Das Stresshormon Cortisol wird ebenfalls reduziert und das Immunsystem profitiert vom Wandern. Menschen, die regelmäßig wandern, verfügen über eine ausgeglichenere Psyche. Eine Studie des Deutschen Wanderverbandes zeigt, dass sich 82,7 % der Wanderer nach der Wanderung glücklich und zufrieden fühlen, 73,8 % seelisch ausgeglichener. Wandern wird übrigens auch in der Therapie gegen Depressionen eingesetzt.

Screenshot einer Seite zum Thema "wanderbares Deutschland"

Wanderbares Deutschland

Nichts ist langweiliger als ausgetretene Pfade. Dies gilt besonders beim Wandern. Wer auf der Suche nach einer Inspiration oder nach einer neuen Strecke im Umland ist, der wird auf der Website www.wanderbares-deutschland.de fündig. Dort werden die einzelnen Wanderregionen inklusive diverser Touren vorgestellt. Die mit dem Logo „Wanderbares Deutschland“ gekennzeichneten Strecken sind zertifiziert. Wer in der Nähe ein Hotel oder Gasthof sucht, kann sich auf der Website ebenfalls informieren.
Informationen zu Wandern und Gesundheit und zu den Mitgliedsvereinen im Deutschen Wanderverband gibt es auf www.wanderverband.de.

Zur Person

Christine Merkel, Dipl. Soz.-Päd., ist seit 2008 Referentin für Wandern und Gesundheit beim Deutscher Wanderverband. Sie wandert selbst sehr gern – teilweise mit dem Pferd. Dabei erkundet sie zum Beispiel spezielle Wege wie den Hugenotten- und Waldenserpfad von Bad Karlshafen nach Dieulefit in Südfrankreich. Ein weiteres Augenmerk legt sie auf die Auswirkung von Bewegung auf die Psyche. Christine Merkel bietet daher auch Wanderungen für Frauen mit Traumafolgestörungen an.