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Was bei der Planung eines Sabbaticals zu beachten ist

Eine längere berufliche Auszeit kann in bestimmten Phasen des Lebens sinnvoll sein. Das Ganze sollte gut überlegt sein und strukturiert angegangen werden. Im Interview erklärt der Arbeitspsychologe Prof. Dr. Dirk Windemuth, wie man die Entscheidung für oder gegen ein Sabbatical trifft und wie die Planung gelingt.

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Wie finde ich heraus, ob ein Sabbatical das Richtige für mich ist?
Grundsätzlich kann ein Sabbatical für jeden Menschen interessant und gut sein. Ein möglicher Grund dafür kann sein, dass man schon viele Jahre gearbeitet hat und das dringende Gefühl hat, eine längere Pause einlegen zu müssen. Manchmal steckt dahinter aber auch der Wunsch, sich noch in jüngeren Jahren, also vor dem Ruhestand, einen lang gehegten großen Wunsch zu erfüllen, zum Beispiel eine große und lange Reise. Dann sollte man sehr gut abwägen, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist – und das nicht nur privat, sondern auch beruflich. Die Umsetzung sollte in einer Zeit sein, in der man fest im Sattel sitzt und die lange Abwesenheit nicht zum beruflichen Nachteil gereicht. Ich rate davon ab, eine solche Entscheidung spontan zu fällen, dafür ist die Konsequenz aus der Entscheidung definitiv zu groß.

Gibt es Faktoren, die gegen ein Sabbatical sprechen können?
Wenn es privat oder beruflich nicht passt. Privat könnte das der Fall sein, wenn klar ist, dass die betreffende Person auch in einer langen Phase der Abwesenheit von der Arbeit keine Ruhe finden und von privaten Dingen umso mehr in Beschlag genommen würde – es sei denn, das ist gewollt. Auf keinen Fall sollte ein Sabbatical genommen werden, wenn der Wunsch, konkreten Problemen zu entkommen, der Auslöser ist. Wenn man Probleme nicht vor dem Sabbatical löst, nimmt man sie mit in die freie Zeit. Vor Problemen kann man nicht weglaufen. Beruflich würde ich aufpassen, dass im Unternehmen nicht gerade neue Strukturen aufgebaut werden. Wer lange weg ist, kann nicht aktiv mitgestalten. Auch große finanzielle Risiken sollte niemand eingehen. Das gilt vor allem, wenn die Familie von dem Verdienst abhängig ist. Das will alles in Ruhe überlegt sein.

Was ist bei der Planung des Sabbaticals zu beachten und wie geht man vor?
An erster Stelle steht, die Planungen mit dem privaten Umfeld und den beruflich Betroffenen abzustimmen. Und das nicht von heute auf morgen. Sowohl privat als auch am Arbeitsplatz sollten die betroffenen Personen möglichst früh in die Überlegungen und ggf. konkreten zeitlichen Planungen einbezogen werden. Das gebietet auch die Fairness.

Wie sollte man das Thema beim Vorgesetzten ansprechen?
Offen und früh. Die Planung eines Sabbaticals wirft bei allen, die davon direkt oder indirekt betroffen sind, Fragen auf. Dagegen helfen Transparenz und eine klare Aussage, was nach dieser Zeit geschehen soll. Wenn jemand plant, nach dem Sabbatical den Arbeitgeber zu wechseln, ist es ebenfalls fair, dies bereits transparent zu machen. Gut für alle ist es, wenn man Arbeitgeber oder Vorgesetzte dabei unterstützt, die ausfallende Arbeit aufzuteilen. Da sind die Beschäftigten besonders wichtig, denn niemand kennt die Arbeit im Detail so gut wie die, die sie täglich ausüben. Beim Arbeitgeber kommt manchmal der Verdacht auf, dass Beschäftigte ein Sabbatical nehmen, weil sie keine Lust mehr auf die Arbeit haben. Dies sollte man offen ansprechen und möglichst ausräumen – sonst wirkt der Verdacht in der Zeit der Abwesenheit evtl. nach und wirkt sich nachteilig aus.

Wie lange sollte eine Auszeit vom Job mindestens bzw. maximal dauern?
Sabbaticals sollten länger sein als der Jahresurlaub, sonst könnte man die Zeit auch durch Urlaub und Überstunden gestalten. In der Regel sprechen wir von einem halben bis zu einem ganzen Jahr. Das ist auch sinnvoll. Wenn man einmal raus ist, dann soll es sich auch lohnen. Bei einem halben oder sogar ganzen Jahr eröffnen sich ganz andere Erlebnishorizonte und auch die Möglichkeiten für Unternehmungen werden größer. Länger als ein Jahr würde ich persönlich nicht empfehlen, denn dann verändert sich so viel, dass eine Reintegration in Privat- und Berufsleben richtig schwer wird.

Zur Person

Prof. Dr. Dirk Windemuth hat Germanistik, Psychologie und Gesundheitswissenschaften/Public Health in Duisburg und Dresden studiert. Er ist Direktor des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) in Dresden. Zudem ist er Professor für Casemanagement/Psychologie im Fachbereich „Sozialpolitik und Soziale Sicherung“ an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.