Ein flexibles System für das Wachstum
Worüber verfügt ein Säugling mehr als ein Erwachsener? Die Antwort ist vermutlich eine Überraschung: Es handelt sich um die Anzahl der Knochen und Knorpel. Während ein Erwachsener etwa 220 dieser wichtigen Exemplare besitzt, sind es beim Baby im Durchschnitt 350. Wie kommt es zu diesem Phänomen?
Die Natur hat sich etwas dabei gedacht, dass ein Säugling mit sehr viel mehr Knochen- und Knorpelelementen zur Welt kommt. Das äußerst flexible Gefüge mit einem formbaren Schädel erleichtert den Geburtsvorgang, da das Neugeborene besser durch den Geburtskanal kommt. Die Knochen und Knorpel sind nicht mineralisiert und sind daher weich. Dies gilt auch für den Schädel, der an sechs Stellen über kleine Lücken verfügt – die sogenannten Fontanellen – und der sich aus fünf Schädelplatten zusammensetzt. Dieses System hat einen weiteren unschlagbaren Vorteil: Das in der ersten Lebenszeit recht schnell wachsende Gehirn stößt durch das flexible Schädelgerüst nicht an feste Grenzen und kann sich so optimal entwickeln. Im Durchschnitt schließen sich die Fontanellen rund um den zweiten Geburtstag.
Wachstumsfugen schließen spät
Erst im Laufe der Monate und ersten Lebensjahre verändert sich das Skelett des Kindes. Man nennt dieses Prinzip die Fusionierung. Die Knochen und Knorpel verschmelzen in einem längeren Prozess nach und nach. Parallel dazu schreitet die Mineralisierung der Knochenelemente durch Kalkeinlagerungen sukzessive voran. Wachstumsfugen grenzen die Röhrenknochen des Kindes voneinander ab und ermöglichen so das Längenwachstum. Das Wachstum eines Kindes entwickelt sich in mehreren Schüben. Tritt der erste große Schub im Kindergartenalter zwischen drei und fünf Jahren auf, so folgt der nächste zwischen acht und zwölf Jahren. Erst im Alter von etwa 16 Jahren schließen sich die ersten Wachstumsfugen. Das gilt zum Beispiel für Elle und Speiche. Die letzte Wachstumsfuge verknöchert etwa im Alter von 20 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt verfügt der junge Erwachsene über die ca. 220 Knochen.