Gewürze und Kräuter in verschiedenen Farben werden auf Holzlöffeln präsentiert.
Gewürze und Kräuter in verschiedenen Farben werden auf Holzlöffeln präsentiert.

Die sechs Geschmacks­richtungen

Süß, salzig, sauer, bitter – das sind die Klassiker auf unserer Zunge. Doch unser Geschmackssinn reicht weiter: Umami ist als fünfter Grundgeschmack inzwischen wissenschaftlich anerkannt, Fett wird als sechste Kategorie diskutiert. Welche Funktionen haben die Geschmäcker im Körper – und wie beeinflussen sie, was wir mögen, meiden und brauchen?

Qualitätssicherung: Philipp Grätzel von Grätz, Arzt und Medizinjournalist

Lesezeit: / aktualisiert:

Wo befinden sich die Geschmacksrichtungen auf der Zunge?

Noch immer hält sich die Vorstellung, die Zunge funktioniere wie eine Landkarte mit klaren Zonen für süß vorne, bitter hinten und sauer an den Seiten. Doch diese Theorie ist überholt. Geschmacksknospen sitzen über die gesamte Zungenoberfläche verteilt – ebenso auf Gaumen, Kehlkopf und im Rachen. Die Sensibilität kann zwar leicht variieren, eine feste Einteilung gibt es aber nicht.

Eine Abbildung verschiedener Zungenregionen mit Kennzeichnung darin liegender Geschmacksnerven. Eine ausführliche Beschreibung der Geschmacksrichtungen findet sich im Artikel wieder.

Süß: für die Energie des Lebens

Typische Lebensmittel: Obst, Süßigkeiten, Gebäck, Fruchtsäfte

Funktion: Zucker ist der wichtigste Kalorienlieferant unseres Körpers – der „Brennstoff“, den wir ständig brauchen. Kein Wunder, dass wir süße Geschmäcker als besonders verlockend empfinden und in vielen Lebensmitteln versteckte Zucker stecken – es schmeckt uns nun mal.

Allerdings lässt sich dieser Geschmackssinn täuschen: Süßstoffe, egal ob natürlich oder synthetisch, aktivieren dieselben Rezeptoren wie Zucker, liefern aber keine Kalorien.

Salzig: für das Gleichgewicht im Körper

Typische Lebensmittel:  Salzstangen, Käse, eingelegte Oliven oder Gewürzgurken, Sojasauce

Funktion: Salz (Natriumchlorid) ist lebenswichtig. Es ist entscheidend für den Wasserhaushalt, den Blutdruck und die Nervenleitung.

Der salzige Geschmackssinn erkennt den Natriumgehalt in der Nahrung und hilft, das Gleichgewicht zu halten. Ein Mangel kann Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit auslösen. Doch zu viel Salz ist ebenso problematisch: Es kann den Blutdruck kurzfristig steigern und zu Wassereinlagerungen führen. Die empfohlene Tagesmenge liegt bei etwa 5 g Salz für Erwachsene. Für Kinder werden 2 g pro Tag empfohlen.

Trotzdem sind wir von Natur aus auf salzige Geschmäcker programmiert, weil Salz in der Natur ein knappes Gut ist – in einer Welt voller Fertigprodukte und Snacks hat das Folgen: Wir nehmen oft zu viel Salz auf.

Sauer: Warnung vor Unreifem

Typische Lebensmittel: Zitrusfrüchte, Äpfel, Beeren, Joghurt, Sauerkraut

Funktion: Die Empfindung „sauer“ ist eine direkte Reaktion auf Saures und warnt vor Verdorbenem oder Unreifem. Gleichzeitig haben Menschen im Laufe der Evolution gelernt, dass Säure auch nützlich sein kann: Reife Früchte wie Äpfel und Beeren behalten eine leichte Säure, und fermentierte Produkte wie Sauerkraut oder Joghurt unterstützen die Darmgesundheit.

Wie stark wir Säure wahrnehmen, hängt unter anderem vom Alter ab: Mit den Jahren nimmt die Sensitivität oft ab. Auch kulturelle Unterschiede zählen – in Asien und Osteuropa sind sauer eingelegte und fermentierte Speisen weiterverbreitet als in Mitteleuropa.

Bitter: Warnung vor Giftigem und Ungenießbarem

Typische Lebensmittel: Brokkoli, Rosenkohl, Chicorée, Grünkohl, Rucola, Kaffee, bestimmte Teesorten

Funktion: Der bittere Geschmack warnt uns – und das aus gutem Grund. Viele Pflanzen enthalten Bitterstoffe, die in größeren Mengen giftig oder schwer verdaulich sind.

Kinder sind besonders empfindlich gegenüber Bitterem und lehnen oft Brokkoli, Rosenkohl oder Chicorée ab. Das schützt sie evolutionär davor, Giftiges zu essen, wenn sie die Welt entdecken. Diese Sensibilität nimmt im Laufe der Entwicklung wieder ab.

Viele Erwachsene schätzen später bittere Aromen in Kaffee, dunkler Schokolade oder Salaten. Der bittere Geschmack kann auch einen appetitzügelnden Effekt haben. Offenbar schaltet die Verdauung vorsichtshalber einen Gang zurück, wenn wir Radicchio und Co. zu uns nehmen.

Der Anteil an Glutaminsäure in der Nahrung lässt sich durch die Zugabe vom Geschmacksverstärker Natriumglutamat künstlich erhöhen. Wertvoller werden Speisen dadurch jedoch nicht!

Umami: der neuentdeckte Geschmack

Typische Lebensmittel: Fleisch, Parmesan, Tomaten, Pilze, Sojasauce, fermentierte Produkte

Umami wurde bereits 1908 vom japanischen Forscher Kikunae Ikeda als eigenständige Geschmacksqualität identifiziert. Wörtlich lässt sich das mit  „fleischig“, „herzhaft“ oder „wohlschmeckend“ übersetzen. Gemeint ist damit ein vollmundiger Geschmack, wie er typisch für Fleisch, Käse oder Pilze ist. Darüber hinaus vermuten Forscher eine weitere, sechste Geschmacksqualität: fettig. Ein Wissenschaftlerteam um Philippe Besnard von der Universität Dijon identifizierte Ende 2005 einen möglichen Geschmacksrezeptor für Fettsäuren.

Funktion: Wissenschaftler gehen davon aus, dass die für umami zuständigen Rezeptoren konkret auf die Aminosäuren Glutaminsäure und Asparaginsäure anspringen. Er signalisiert dem Körper: Hier gibt es wertvolle Proteine, die für zahlreiche Stoffwechselprozesse unverzichtbar sind.

Lange wurde Umami im Westen übersehen, ist aber biologisch so grundlegend wie süß oder salzig. In Asien hat Umami Tradition, etwa in Japan mit Miso und Dashi. Auch in Europa wächst das Bewusstsein, etwa in Slow Food oder vegetarischer Küche mit Pilzen und Tomaten. 

Fett: unterschätzter Geschmack mit großer Wirkung

Typische Lebensmittel: Nüsse, Avocado, Butter, Öl, fettreiches Fleisch

Funktion: Fett galt lange nur als Geschmacksträger, doch bestimmte freie Fettsäuren lösen eigene Reize aus. So erkennt der Körper energiereiche Nahrung. Fette unterstützen zudem die Aufnahme wichtiger Vitamine (A, D, E und K) und sind zentral im Zellstoffwechsel.

Interessanterweise wird der „fettige“ Geschmack oft nicht als klarer Reiz wahrgenommen, sondern eher als Textur und Mundgefühl – als cremig, schmelzend oder sättigend. Fett gilt heute vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als sechster Geschmack und gewinnt in Ernährungsmedizin und Lebensmitteltechnologie an Bedeutung.

Schärfe: kein Geschmack, aber ein Reiz

Typische Lebensmittel: Chili, Pfeffer, Ingwer, Senf, Wasabi

Schärfe wird oft als Geschmack wahrgenommen, ist es aber nicht. Sie reizt Schmerzrezeptoren – daher das „brennende“ Gefühl. In vielen Kulturen wird Schärfe gezielt als Genussmittel genutzt, das zur Durchblutung beiträgt, den Stoffwechsel anregt und die Stimmung hebt.

Der bittere Geschmack hat auch einen Appetit zügelnden Effekt. Offenbar schaltet die Verdauung vorsichtshalber einen Gang zurück, wenn wir Radicchio und Co. zu uns nehmen. Wer abnehmen möchte, sollte regelmäßig zu diesen Sorten greifen.

Logo der hkk Krankenkasse

Im Newsletter: Aktuelle Gesundheitsinfos

Übrigens: Mehr zu den Themen Ernährung, Fitness, Arbeit, Leben und Familie - sowie spannende Neuigkeiten von der hkk erhalten Sie über den hkk Newsletter.