Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern, doch zu wenige nutzen die Vorsorge. Warum eine frühe Diagnose lebensrettend sein kann, wie die Prostatavorsorge abläuft und welche Fortschritte es in der Diagnostik gibt – Prof. Christian Wülfing klärt auf.
Qualitätssicherung:Philipp Grätzel von Grätz, Arzt und Medizinjournalist
Lesezeit:
/ veröffentlicht:
Das Wichtigste in Kürze
Prostatakrebs ist mit knapp 75.000 neuen Fällen jährlich die häufigste Krebserkrankung bei Männern in Deutschland.
Früherkennung ist entscheidend: Männer ab 45 Jahren sollten jährlich zur Vorsorge, bei familiärer Vorbelastung bereits ab 40.
Die Untersuchung umfasst Anamnese, körperliche Untersuchung, rektale Tastuntersuchung und gegebenenfalls einen PSA-Test.
Symptome wie häufiger Harndrang, Schmerzen oder Blut im Urin sollten ernst genommen werden.
Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, Bewegung und Verzicht auf Rauchen senkt das Risiko.
Prostatakrebs ist mit knapp 75.000 neuen Diagnosen pro Jahr die häufigste Krebserkrankung bei Männern in Deutschland – vergleichbar mit Brustkrebs bei Frauen. „Diese Erkrankung ist eine der größten gesundheitlichen Herausforderungen für Männer“, erklärt Prof. Christian Wülfing, Chefarzt für Urologie bei Asklepios in Altona. Trotzdem nehmen nur 10 bis 20 Prozent der Männer die angebotenen Prostata-Vorsorgeuntersuchungen wahr. Dabei kann eine frühe Diagnose die Heilungschancen deutlich erhöhen. „Männer müssen lernen, dass Vorsorge kein Zeichen von Schwäche ist, sondern ein entscheidender Schritt für ihre Gesundheit“, betont Prof. Wülfing.
Ab wann sollte man zur Prostatavorsorge gehen?
Allen Männern ab 45 Jahren wird empfohlen, jährlich eine urologische Untersuchung durchführen zu lassen. Besonders wichtig ist die Vorsorge für Männer mit einer familiären Vorbelastung. „Wenn Vater oder Bruder an Prostatakrebs erkrankt sind, raten wir sogar schon ab dem 40. Lebensjahr zur Untersuchung“, so Prof. Wülfing.
Der Ablauf einer Prostatavorsorgeuntersuchung
Die Untersuchung beginnt mit einem Gespräch über Beschwerden wie Probleme beim Wasserlassen oder familiäre Vorbelastungen. Danach folgt die körperliche Untersuchung, bei der Prostata, Penis und Lymphknoten abgetastet werden. „Diese rektale Tastuntersuchung dauert nur wenige Sekunden und ist in der Regel schmerzfrei“, so Prof. Wülfing. Zusätzlich kann ein PSA-Test, ein Bluttest zur Messung des prostataspezifischen Antigens, durchgeführt werden. „Ein erhöhter PSA-Wert deutet nicht zwangsläufig auf Krebs hin, liefert aber wichtige Hinweise“, erklärt Prof. Wülfing. Falls nötig, können ein Ultraschall, ein multiparametrisches MRT oder eine Biopsie Klarheit schaffen.
Fortschritte in der Prostata-Diagnostik
In den letzten Jahren hat die medizinische Forschung bedeutende Fortschritte gemacht. Der PSA-Test, lange Zeit umstritten, hat sich als ein wertvolles Werkzeug etabliert. „Neue Studien zeigen, dass der PSA-Test immer genauer wird und eine frühe Diagnose erleichtert“, erklärt der Hamburger Arzt Prof. Wülfing. Eine weitere Verbesserung ist das multiparametrische MRT, das eine präzisere Darstellung der Prostata erlaubt und bis zu 30 Prozent der Biopsien überflüssig machen kann. Darüber hinaus gewinnen Tests wie der PHI (Prostate Health Index) oder der 4K-Score zunehmend an Bedeutung, da sie eine personalisierte Einschätzung des Krebsrisikos ermöglichen.
Symptome, die auf Prostatakrebs hindeuten könnten
Wichtige Symptome bei Prostataproblemen sind Schwierigkeiten beim Wasserlassen, ein schwacher Harnstrahl, das Gefühl einer unvollständig entleerten Blase sowie Schmerzen oder Blut im Urin oder Sperma. „Diese Anzeichen müssen ernst genommen werden, auch wenn sie harmlos sein können“, sagt Wülfing.
Prostatavorsorge: Was zahlt die Krankenkasse?
Die hkk übernimmt die Kosten für die jährliche Prostatakrebsfrüherkennungsuntersuchung ab dem 45. Lebensjahr. Dazu gehören das Anamnesegespräch, die körperliche Untersuchung und die rektale Tastuntersuchung der Prostata. Zusätzliche Untersuchungen wie der PSA-Test, ein multiparametrisches MRT oder moderne Biomarker-Tests werden derzeit nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Einfluss von Lebensstil und genetischer Veranlagung auf Prostatakrebs
Männer mit familiärer Vorbelastung – also wenn z. B. Vater oder Bruder erkrankt sind – haben ein doppelt so hohes Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken. Dennoch können gesunde Gewohnheiten das Risiko senken. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten sowie regelmäßige Bewegung wirken sich positiv auf die Prostatagesundheit aus. Auch der Verzicht auf Rauchen und Alkohol können dazu beitragen, das Risiko zu minimieren.
Die Rolle der Telemedizin
Online-Plattformen bieten Männern eine niederschwellige Möglichkeit, ärztlichen Rat einzuholen. Besonders bei sensiblen Themen wie erektiler Dysfunktion helfen Telemedizin-Angebote, Berührungsängste abzubauen. „Wir sehen, dass die Telemedizin gerade bei der Aufklärung über die Prostatavorsorge eine entscheidende Rolle spielen kann“, sagt Wülfing. Ziel ist es, möglichst viele Männer zu motivieren, den Schritt zur Vorsorgeuntersuchung zu wagen.
Fazit: Prostatavorsorge rettet Leben
Prostatakrebs ist früh erkannt gut behandelbar. Auch wenn die Untersuchung für viele Männer unangenehm erscheint, dauert sie nur wenige Minuten und kann Leben retten. „Die wichtigste Botschaft ist: Gehen Sie zur Vorsorge, es lohnt sich“, appelliert Prof. Wülfing.
Zur Person:
Prof. Christian Wülfing ist Chefarzt für Urologie bei Asklepios in Altona und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Prostatavorsorge und -behandlung. Mit seiner langjährigen Erfahrung und seinem Engagement für moderne Diagnostikmethoden setzt er sich dafür ein, die Vorsorgeangebote für Männer besser zugänglich zu machen.
Übrigens: Mehr zu den Themen Ernährung, Fitness, Arbeit, Leben und Familie - sowie spannende Neuigkeiten von der hkk erhalten Sie über den hkk Newsletter.