Wer selbst vermutet, hochsensibel zu sein und schnell überreizt, sollte seinen Alltag entsprechend anpassen. Dazu sollte man sich zunächst selbst beobachten. „Schreiben Sie über ein paar Wochen hinweg auf, was Sie an einem Tag alles machen und ab wann Sie sich überreizt fühlen“, empfiehlt Jadzia Jagiellowicz. „Und wenn Sie merken, dass mehr als zwei Aktivitäten am Tag nicht drin sind, dann müssen Sie lernen, Nein zu sagen.“ Sie selbst managt ihre eigene Hochsensibilität ebenfalls mit dieser Strategie.
Auch Corina Greven sagt: „Das Bewusstsein über die eigene Veranlagung ist schon die halbe Miete. Vielen ist bereits damit geholfen, dass sie selbst über ihre Hochsensibilität Bescheid wissen.“ Denn wer sich und sein Reizlimit gut kennt, für den wird Hochsensibilität im Job nicht zum Nachteil. Dann plant man in der Mittagspause vielleicht eine halbe Stunde Zeit für sich allein ein, anstatt sich in der Kantine mit den Kolleginnen und Kollegen zum Plausch zu treffen. Denn nicht nur sensorische Reize können das Nervensystem überfordern, sondern auch soziale Reize. Falls es keinen Rückzugsort gibt, können Noise-Cancelling-Kopfhörer für Ruhe sorgen.
Jagiellowicz empfiehlt zum Stressabbau außerdem Zeit in der Natur - egal ob man spazieren geht, Fahrrad fährt oder einfach auf einer Parkbank sitzt und die Bäume anschaut. Die Natur erdet. Ein weiterer Tipp: Bewegungen der kleinen Muskeln in den Händen und im Kiefer wirken beruhigend auf das überreizte Nervensystem. Häkeln, Stricken oder Singen haben also einen positiven Einfluss. Auch Achtsamkeitstraining oder Meditation kann hochsensiblen Menschen dabei helfen, im Alltag besser zurecht zu kommen.
Im Umgang mit vermutlich hochsensiblen Menschen im Freundeskreis und in der Familie kann es helfen, großzügig zu sein. Die beste Freundin sagt das Treffen ab, weil sie heute schon einen stressigen Tag auf der Arbeit hatte und keine Kapazitäten mehr hat? Ihr Kumpel lässt spontan den lang geplanten Konzertbesuch platzen? Das ist ärgerlich. Versuchen Sie, die Absage nicht persönlich zu nehmen, sondern anzuerkennen, dass die andere Person nur für sich und ihre Bedürfnisse einsteht.
Hochsensible Menschen sollten jedoch nicht mit dieser Charaktereigenschaft hadern. Ihr großes Einfühlungsvermögen oder das besonders vorausschauende Denken können sowohl im Job als auch in zwischenmenschlichen Beziehungen von Vorteil sein.