Online-Dating und Einsamkeit
Der digitale Raum schlägt uns beim Dating das ein oder andere Schnippchen. Ein Thema, mit dem sich Johanna Degen in ihrer Forschung zu Online-Dating beschäftigt, ist Parasozialität – ein Konzept der Medienpsychologie aus den 1950er Jahren. Die US-Psychologen Horton und Wohl stellten damals die Annahme auf, dass audiovisuelle Medien die Illusion eines Face-to-Face-Kontakts bei ihren Nutzern erzeugen. Die so aufgebauten – einseitigen – Beziehungen sind parasoziale Beziehungen. Bei Interaktionen auf sozialen Medien, darunter auch Dating Apps, ist es ähnlich. Nutzern wird ein persönlicher Kontakt vorgegaukelt, der im realen Leben aber (noch) gar nicht existiert.
„Wir binden uns in parasozialen Beziehungen wie in analogen Beziehungen, unser Gehirn unterscheidet dabei nicht. Doch wir vereinsamen dadurch, denn diese Beziehungen sind nicht gegenseitig, wenn wir zum Beispiel eine Bindung zu einem Serienschauspieler oder einem Influencer bei Instagram aufbauen“, erklärt Johanna Degen. Und auf das Online-Dating bezogen: „Wir swipen lieber und gehen dadurch weniger raus, signalisieren draußen weniger Ansprechbarkeit und nutzen die Zeit, die wir mit realen Begegnungen verbringen könnten, für digitale Begegnungen.“
Digitale Begegnungen können dafür sorgen, dass wir uns weniger einsam fühlen, zum Beispiel nach einer Trennung oder dem Umzug in eine neue Stadt. Gegenüber Kontakten im echten Leben bergen sie aber einen Nachteil: Sie finden isoliert statt.
„Wenn wir ausgehen und versuchen, ein Date zu finden, dann waren wir draußen, haben mit unseren Freunden getanzt, sind vielleicht in die Förde gesprungen und haben den Sonnenaufgang gesehen“, beschreibt Johanna Degen. „Kurzum: Wir haben das Leben gelebt. Wenn wir auf der Couch hocken, dann haben wir hinterher nicht das Gefühl, uns etwas Gutes getan zu haben.“