Ein Mann liegt bäuchlings mit aufgesetzten Händen auf dem Boden und guckt in ein Mobiltelefon, das gegen ein auf dem Boden stehendes Glas gelehnt ist.
Ein Mann liegt bäuchlings mit aufgesetzten Händen auf dem Boden und guckt in ein Mobiltelefon, das gegen ein auf dem Boden stehendes Glas gelehnt ist.

Sport als Therapie bei Depressionen

Wer an einer Depression erkrankt oder unter einer depressiven Episode leidet, findet meist nur schwer einen Weg aus der Situation heraus. Regelmäßiger Bewegung und Sport wird in diesem Zusammenhang eine förderliche Wirkung nachgesagt. Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, ordnet diesen Aspekt ein.

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Hat Bewegung tatsächlich einen positiven Effekt auf Depressionen?

Grundsätzlich ist Sport kein Allheilmittel bei Depressionen, denn selbst Leistungssportler erkranken daran. Und streng wissenschaftlich lässt sich eine spezielle antidepressive Wirkung von Bewegung gar nicht so leicht nachweisen. Vieles spricht jedoch dafür. So weiß man, dass durch Bewegung Glückshormone ausgeschüttet werden. Ein anderer Aspekt ist, dass Sport müde macht. Und dies ist bei einer Depression meistens vorteilhaft. Gut bekannt ist, dass Schlafentzug, der zu einem erhöhten Schlafdruck führt, eine sehr eindrückliche antidepressive Wirkung hat. Deshalb bieten viele Depressionsstationen Erkrankten ein Schlafentzugstherapie an. Die Patienten bleiben in der zweiten Nachthälfte und dem folgenden Tag wach und 60 % erleben zu ihrer Überraschung, dass eine oft seit Monaten bestehende Depression von ihnen abfällt. Leider ist das ein vorübergehender Effekt, und die Depression kommt nach dem Schlaf in der darauffolgenden Nacht wieder zurück. Depressiv Erkrankte schlafen schlecht ein. Sie sind nicht müde im Sinne von schläfrig, sondern im Sinne einer Erschöpfung durch innere Daueranspannung. Alles, was müde macht, könnte dieser krankhaft hochgestellten Wachheit entgegenwirken.  Sport ist in dieser Konsequenz vorteilhaft.

Ist Bewegung zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung machbar?

Vorweg muss man betonen, die Hauptsäulen der Behandlung sind meist Antidepressiva, eine Psychotherapie oder beides. Sport alleine ist keine ausreichende Depressionsbehandlung. Weiter ist es so, dass Menschen in einer tiefen Depression es gar nicht schaffen, Sport zu machen. Sie haben bereits Schwierigkeiten, morgens überhaupt aufzustehen und die Zähne zu putzen. Alles ist ein großer Berg. Da ist Sport leicht gesagt, aber extrem schwergetan. Geht es etwas besser oder nach Abklingen einer depressiven Krankheitsphase, kann Sport therapiebegleitend eine sehr sinnvolle Rolle spielen und sollte als festes Element im Wochenplan sein.

Wo können depressive Menschen Unterstützung beim Sport finden?

Fast überall werden Laufgruppen angeboten oder organisieren sich spontan. Auch manche Selbsthilfe-Gruppen bieten Bewegungsprogramme an. Auch die vielen regionalen Bündnisse gegen Depression (Info z.B. auf der Website der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, www.deutsche-depressionshilfe.de) organisieren „Laufen gegen Depression“. Wichtig bei der Auswahl der Sportart ist, dass diese einem gut liegt. Man muss ja die Energie und Freude haben, das durchzuhalten. Gute wissenschaftliche Belege, dass Ausdauersportarten eine günstigere Wirkung bei Depressionen haben als z.B. Kraftsport, sind mir nicht bekannt. 

Anlaufstellen für Betroffene oder Angehörige

·  Erster Ansprechpartner bei Verdacht auf eine Depression oder Suizidgedanken ist der Facharzt (Psychiater), der Hausarzt, oder der Psychologische Psychotherapeut
·  deutschlandweites Info-Telefon Depression 0800 33 44 5 33 (kostenfrei)
·  Wissen, Selbsttest und Adressen rund um das Thema Depression unter www.deutsche-depressionshilfe.de
·  Hilfe und Beratung bei den sozialpsychiatrischen Diensten der Gesundheitsämter
·  fachlich moderiertes Online-Forum zum Erfahrungsaustausch www.diskussionsforum-depression.de
·  Für Angehörige: www.bapk.de und www.familiencoach-depression.de

Das Portrait zeigt Ulrich Hegerl.

Zur Person

Prof. Ulrich Hegerl ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Seit mehr als 30 Jahren behandelt er depressiv erkrankte Menschen, forscht zu den Themen Depression und Suizidprävention und setzt sich für Aufklärung zu diesen Themen ein. Er war bis März 2019 Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Leipzig. Seit Juni 2019 hat er die Johann Christian Senckenberg Ehrenprofessur an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Goethe-Universität Frankfurt am Main inne.

Themen im Magazin

Oma, Mutter und Tochter sitzen auf dem Boden und trommeln.

Familie

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